Die Elektronische Patientenakte hat für Patienten vor allem Nachteile.

Im Februar 2025 soll die elektronische Patientenakte (ePA) für mehr als 70 Millionen  gesetzlich Versicherte kommen. Bis 2028 sollen sämtliche  Gesundheitsinformationen aller Versicherten in dieser Akte zusammenfließen. Vom Arztgeheimnis, welches seit Hippokrates als ethisch/rechtlicher Maßstab galt, bis zum gläsernen Patienten ist es also nur noch ein Katzensprung.  Denn im Prinzip kann niemand kontrollieren, schon gar nicht der Patient selbst, wer Zugriff auf die über ihn im elektronischen Speicher gesammelten Daten hat und zu welchen Zwecken diese benutzt werden.

Kurz vor dem Start der  ePA demonstrierten Sicherheitsexperten auf einem Kongress in Hamburg erhebliche Sicherheitslücken.  Sie zeigten „wie sich Dritte mit geringem Aufwand und gleich auf mehreren Wegen Zugang zu den in jeder beliebigen ePA hinterlegten Gesundheitsdaten verschaffen können.“  Die breite Öffentlichkeit erfährt von derart eklatanten Sicherheitslecks nichts. Vielmehr vertraut sie den Lobpreisungen des Gesundheitsministers, der den Nutzen der ePA hervorhebt und die Risiken verschweigt.  Man stelle sich vor, eine Reederei würde – obschon sie über diverse Lecks im Rumpf des Schiffes informiert wurde – die  Fahrgäste in Sicherheit wiegend auf Kreuzfahrt schicken.  Das würde kein Unternehmer wagen. Ein Gesundheitsminister schon. Denn ihm kann nichts passieren. Er wird für angerichtete Schäden nicht haftbar gemacht.

Wer eine Schiffsreise antritt, kann davon ausgehen, dass bestimmte Sicherheitsstandards eingehalten werden, also  das Risiko „unterzugehen“ äußerst gering ist. In allen Bereichen, in denen es Personen gibt, die im Schadensfalle zur Rechenschaft gezogen werden, können wir uns relativ sicher fühlen.  Bei Gesetzen und staatlichen Anordnungen ist hingegen Vorsicht geboten.  Denn unsere Abgeordneten, die im Parlament z.B. die Einführung der ePA beschlossen haben, bedienen vor allem politische Interessen. Bei politischen Entscheidungen werden die von der Mehrheitsmeinung abweichenden Gegenpositionen und aufgezeigten Risiken überstimmt. Eine systematische, unabhängige Risiko-Nutzen-Abwägung findet nicht statt.   Nie wurde uns die fatale Wirkung fehlender Verantwortung politisch Handelnder so deutlich vor Augen geführt, als in der Corona-Zeit. Nicht einer der amtierenden Entscheider interessiert sich für die ungezählten (zwischen 1 und 4  Millionen) Bundesbürger, die bleibende Schäden davon getragen haben oder verstorben sind, weil sie den falschen Versprechungen der Covid-Impfung vertrauten oder sich zur Spritze genötigt sahen.  Von Beginn an gab es viele angesehene Fachleute, die die Risiken der Corona-Verordnungen wesentlich höher einschätzten, als die einer Covid-Erkrankung. Ihre Bedenken wurden ebenso in den Wind geschlagen, wie die der oben genannten Sicherheitsexperten, die demonstrieren, dass die Daten der ePA mit Leichtigkeit abgegriffen werden können.

Interessensgeleiteter Missbrauch der ePA ist vorprogrammiert

Selbst wenn es, wie von Lauterbach am 05. Januar erklärt, gelingen sollte, die aufgezeigten Datenlecks zu schließen, dürfte es für Marktführer der Gesundheitsbranche ein Leichtes sein, per wohlmeinender Anträge, Zugriffsgenehmigungen zu erhalten. Darum geht es ja eigentlich. Nicht die Patienten sind es, die sich für die Einführung der elektronischen Patientenakte stark gemacht haben, auch nicht die praktischen Ärzte.  Das größte Interesse daran haben Pharmaunternehmen, Kliniken, Konzerne und Kassen. Aber auch staatliche Arbeitgeber könnten z.B. in dieser Datenbank schauen, welcher Bewerber/Angestellte ein Suchtproblem hat oder eine chronische Krankheit und deshalb für eine Einstellung oder Beförderung nicht in Frage kommt.  Um nur ein Beispiel für unbemerkte Zugriffsmöglichkeiten zu nennen.

Das Risiko des interessensgeleiteten Missbrauchs  persönlicher Gesundheitsdaten kann, angesichts der erlebten Übergriffigkeit in der Corona-Zeit, gar nicht hoch genug eingestuft werden.  Alleine aus diesem Grunde lehne ich persönlich die ePA ab. Auch auf die Gefahr hin, bald keinen Arzt mehr zu finden, der Patienten ohne ePA  behandelt.

Wer sind die Nutznießer der Elektronische Patienten-Akte

Nutzen wird die ePA vor allem dem industriellen Gesundheitskomplex.  Allen voran der Pharmaindustrie sowie Herstellern von Klinik- und Praxisbedarf.  Diese können die Daten nutzen, um den Bedarf an Diagnosemaßnahmen, Medikamenten und Behandlungen besser kalkulieren zu können. Schon lange träumt außerdem die medizinische Forschung von einer umfassenden Gesundheitsdatenbank, in der mit Hilfe von KI für alle Zwecke die passenden Informationen herausgefiltert werden können.  Entsprechende Gesetze haben bereits im Vorfeld einer „fremdnützigen Forschung“ (ohne Wissen bzw. Einverständis der Patienten) den Weg geebnet. Niemand würde etwas gegen medizinische Forschung  habe, wenn wir sicher gehen könnten, dass diese tatsächlich zum Wohle der Patienten eingesetzt wird. Da wir jedoch wissen, dass gerade die medizinische Forschung zumeist interessensgeleitet ist und hauptsächlich dem Zweck dient, den Absatz medizinischer Produkte zu steigern, wird die ePA primär denen nutzen, die an den Kranken verdienen.

Der Markt bestimmt die Gesundheitspolitik. Der Markt kann aus unseren Gesundheitsdaten Gold machen. Das ist die eigentliche Triebfeder hinter der Einführung der ePA.  Das Wohl des Patienten und die Verbesserung der Versorgung, sind die vorgeschobenen Gründe, damit die Bevölkerung diese ihr gesetzlich aufgezwungene Pille schluckt. Ja, theoretisch kann der Patient der elektronischen Patientenakte widersprechen. Jedenfalls solange er noch einen Arzt findet, der ihn unter analogen Bedingungen behandelt.

Weil das Interesse der Nutznießer an der Einführung groß ist, wurde dafür gesorgt, dass im öffentlichen Meinungsbild ausschließlich mögliche Vorteile  der ePA für die Patienten präsent sind.  Beispielsweise brauche der Patient nicht wie bisher oft noch üblich, seinem Arzt einen Datenträger mit MRT-Bildern abgeben, denn die Radiologie kann diese direkt in seine ePA stellen.  Alles was bisher in Papierform vorliegt und archiviert werden muss, befindet sich dann in der digitalen Akte.  Beim Besuch eines Arztes hält der Patient seine „Gesundheitskarte/Gesundheitsapp“ an ein Lesegerät in der Praxis; und schon liegen dem Arzt sämtliche  Befunde und Informationen  vor, die bei früheren Arztbesuchen in seine ePA gestellt wurden.  Auf diese Weise kann tatsächlich die bisher oft noch postalische Verschickung von MRT-Datenträgern, Röntgenbildern, Laborberichten, Verordnungsplänen, Arztbriefen, Gutachten etc.  eingespart werden.
Als weiterer Vorteil wird angeführt, dass mehrfach Untersuchungen wegfallen, weil die Werte früherer Untersuchungen nicht direkt vorliegen.  Dieser sinnvoll erscheinende Spareffekt, dürfte jedoch eher nicht eintreten, weil MRT-Anlagen und der gesamte diagnostische Apparat ausgelastet sein will, um sich rechnen zu können.  Außerdem können sich die Werte rasch ändern, weshalb diese so oft wie möglich aktualisiert werden. Jeder neu erhobene Blutwert schlägt schließlich mit einem Kostensatz zu Buche.  Für den Patienten bleibt bestenfalls der Vorteil, dass sich die behandelnden Ärzte bei seiner Klinikeinweisung im Notfall, über seine Vorerkrankungen und Behandlungen informieren können, falls er selbst nicht auskunftsfähig ist und Angehörige nicht greifbar sind.  Alle anderen angeblichen Vorteile, wie die Erhöhung von Sicherheit und Behandlungseffizienz, dürften sich oftmals sogar als Nachteil erweisen.

Mit diesen Nachteilen sollten Patienten rechnen:

  1. Vorgefasste Meinung statt unvoreingenommener Begutachtung
    Was bei der Vorlage der ePA auf den ersten Blick vorteilhaft erscheint, dürften all jene Patienten bald schon nachteilig finden, die sich eine unabhängige Zweitmeinung einholen wollen.
    Als Patient muss ich nicht selbst meine Krankengeschichte erzählen, sondern der Arzt erfährt, ohne mich überhaupt je gesehen zu haben, wie seine Kollegen meinen Fall beurteilen.  Mich erinnert das an ärztliche Gutachten in Betreuungsangelegenheiten. Wenn Gutachter A. ein falsches Bild von mir abgibt, wird es schwer einen neutralen Gutachter zu finden, der sich die Mühe macht selbst zu recherchieren und so zu einer anderen Bewertung zu kommen.  In der Regel bestätigt der Zweitgutachter das Gutachten seines Vorgängers.  Das erspart ihm viel Zeit. Und er bekommt das gleiche Geld ob er eine Stunde oder fünf Stunden mit der Verfassung des Gutachtens beschäftigt war. Außerdem muss er nicht befürchten, dass ein dritter Gutachter gefunden wird, der zu einem anderen Urteil kommt. Und wenn, hätten zwei ärztliche Gutachten mehr Gewicht.
  1. Hoher Lese- und Dokumentationsaufwand raubt Zeit für Gespräche
    Bisher nehmen sich Haus- und Fachärzte in der Regel einige Minuten Zeit, um den Patienten nach seinen Beschwerden zu befragen. Diese wenige Zeit für ein persönliches Gespräch und menschliche Begegnung, die oft viel mehr zur Heilung beiträgt als jede teure Untersuchung und Behandlung, dürfte das erste sein, was nach der Einführung der ePA eingespart wird. Denn alleine schon das Lesen der verschiedenen Daten, die über den jeweiligen Patienten gespeichert sind, kostet den Arzt eine Menge Zeit.  Zeit, die er bisher nutzen konnte, um sich mit dem Patienten über seine Situation zu unterhalten. Anschließend sitzt der Arzt ebenfalls wieder geraume Zeit am PC um alles zu dokumentieren.  Und was ist, wenn es bei dem täglichen Durchlauf von Patienten zu Verwechslungen kommt?
  2. Fehldiagnosen und fehlerhafte Einträge in der Patientenakte.
    Auch Ärzte können irren. Das kommt sogar recht häufig vor. Fehldiagnosen basieren unter anderem auf der Verwechslung von Befunden oder Patienten. Da der Patient diese Befunde nicht mehr auf einem Blatt Papier nach Hause trägt und dort in Ruhe nochmals anschaut und vergleicht, fällt ihm die Verwechslung weniger leicht auf. Benachteiligt sind vor allem ältere Menschen, die ihr Smartphon ansonsten nur zum Telefonieren nutzen.  Fällt auch dem Arzt ein  verwechselter Befund nicht auf und ordnet er daraufhin ein falsches Medikament an, kann das lebensgefährlich sein.
  3. Stigmatisierung und Ausgrenzung
    Bisher konnten sich Patienten darauf verlassen, dass kein dritter von einer Diagnose oder Ereignissen erfährt, die sich negativ auf sein soziales Umfeld auswirken können. Was der Patient seinem Arzt/Therapeuten anvertraute, hat die Praxis nicht verlassen. Mit Einführung der ePA werden Ärzte/Therapeuten verpflichtet, alle relevanten Daten – Befunde, Behandlungen etc. in eine vorgegebene Datenmaske einzutragen, womit diese dann automatisch im Internet stehen und unbemerkt ausgespäht werden können.
    Eltern sollten unbedingt an ihre Kinder denken und der ePA widersprechen. Wer z.B. als Jugendlicher wegen psychischer Probleme in Behandlung war, würde das nicht in seinen Lebenslauf schreiben, um als Bewerber nicht ausgeschlossen zu werden. Stehen diese Daten jedoch einmal im Netz, möglicherweise sogar noch als falsche Befunde oder Verwechslung, kann niemand garantieren, dass sie nicht in die falschen Hände geraten.
  4. Widerspruch ist formal möglich
    Kritikern wird derzeit erklärt, sie könnten der ePA ja schriftlich widersprechen. Das kann jedoch nur dann und solange funktionieren, wie es Ärzte gibt, die bereit sind in diesen Fällen analoge Akten zu führen. Da die Ärzte vom Gesetzgeber zur Einführung der ePA verpflichtet wurden, dürfte es bald kaum noch Praxen und Kliniken geben, die Patienten annehmen, die auf analoger Dokumentation bestehen.
    Die Widerspruchsregelung halten wir in allen gesundheitlichen Belangen für ethisch bedenklich. Sie geht davon aus, dass Menschen, die nicht aktiv gegen eine Behandlung, Organentnahme oder in diesem Falle die ePA stimmen, einverstanden sind.  Die Menschen werden nicht einmal gefragt, ob sie einverstanden sind, es wird ihnen lediglich die Möglichkeit eingeräumt, dagegen zu sein.  Damit möglichst wenige widersprechen, werden der Bevölkerung nur etwaige Vorteile, nicht jedoch die o.g. negativen Auswirkungen aufgezeigt.  Der Staat/Regierung spekuliert in unlauterer, ja hinterhältiger Weise darauf, daß die meisten ihre Rechte nicht mitbekommen. Die geplante Einführung der ePA beweist einmal mehr, die Macht der PharmaMafia  beziehungsweise des industriellen Gesundheitskomplexes auf die Gesundheitspolitik.

Kommentar des früheren gesundheitspolitischen Sprechers der SPD, Dr. Wolfgang Wodarg:

Unsere Autonomie, unsere gesundheitliche Selbstbestimmung, unsere Menschenwürde wird mit der Einführung der ePA und mit der dadurch stattfindenden kompletten Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht zu Markte getragen.

Er schreibt auf X/Twitter:

Was hilft es, wenn man uns besser gegen Hacker schützen will, und die Daten dann jenen liefert , die nur darauf warten, sie missbrauchen zu können!

Die elektronische Patientenakte bringt – trotz anders lautender Propaganda – keinerlei Vorteile für Patienten und ihre Ärzte, welche gemeinsam und unbeeinflusst von Wirtschaftsinteressen einen Weg zur Gesundheit finden wollen. Auch für eine Verbesserung der Kommunikation zwischen unseren Ärzten und für eine valide medizinische Forschung brauchen wir keine privaten Datenkonzerne.

Die einzigen Forschung, die mit diesen Daten erfolgen wird, ist Marktforschung!

Die digitale Erfassung und Speicherung von Gesundheitsdaten, deren zentrale Sammlung und intransparente Verwertung darf weder von Politikern, von der Ärzteschaft oder anderen Gesundheitsberufen, noch von Krankenkassen- oder Patientenvertretern geduldet werden.

Dieser Coup spielt unsere intimsten Geheimnisse in die Hände von großen Datenkonzernen.

Wissen ist Macht! Hier die Macht derer, die solche Daten zur weiteren Ausbeutung unseres eigentlich auf Solidarität fußenden Gesundheitssystems schon lange missbrauchen.

Wenn wir das mitmachen, geben wir auch einer organisierten Pharma-Kriminalität, mit ihren parasitären Unternehmen und Spekulanten, unendlich viel Macht in die Hand.

Sie wird genutzt werden, um uns noch intransparenter und zielgenauer erpressen, gängeln und aussaugen zu können.

Krankenkassen, Kliniken, Apotheken und Mediziner werden den korrumpierenden Anreizen der reichen Datensammler oder den von ihren politischen Vertretern beschlossenen Nötigungen kaum widerstehen können.

Dabei sind es unsere Beiträge, unsere Steuern und unsere demokratischen Grundrechte, mit denen man diese Maßnahmen finanzieren, sich bereichern und die Herrschaft über uns verfestigen will.


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