Die Pflegeethik-Initiative Deutschland e.V. stellte in ihrer 20. Jahrestagung am 16. November 2025 in Leutesdorf, all jener Mitmenschen in den Mittelpunkt, die am Ende ihrer Lebenslaufbahn stehen und auf Beistand angewiesen sind. Unter dem Titel: „Was am Ende zählt“, ließen fünf Mitglieder des Vereins teilhaben an ihren ganz persönlichen Erfahrungen in der Begleitung von Angehörigen, Patienten oder Pflegeheimbewohnern, während der letzten Lebensphase.
Den Anfang machte Annette Asch aus Waldbröhl, die 2006 ein Buch über die Sterbebegleitung ihrer Mutter schrieb. Sie war als Sozialarbeiterin und Leiterin einer Altentagesstätte in Köln tätig und hat sich außerdem zur Altenpflegerin ausbilden lassen. Ziel ihrer Arbeit ist es bis heute, Angehörigen Mut zu machen für ein Sterben zu Hause und dabei überkommenen Tabus entgegenzuwirken. Ihr gesellschaftspolitisches Ziel war es, den Hospiz-Gedanken in die Alten- und Pflegeheime zu tragen, um auch den dort lebenden Menschen zu einem Sterben in Würde zu verhelfen. Längst in Rente, kümmert sich Frau Asch nun ehrenamtlich um betroffene Heimbewohner und ihr nahestehende Menschen.
Im Weiteren berichtete Ursula Groteclaes von Besonderheiten während der sieben Jahre, in denen beide Eltern, die mittlerweile verstorben sind, auf ihre Hilfe angewiesen waren. Es sei eine sehr anstrengende Zeit gewesen, durch die sie den Eltern jedoch in besonderer Weise Nahe gekommen sei, so dass sie heute mit Dankbarkeit, Ehrfurcht und Demut auf deren Leben zurückblicken könne. Ursula Groteclaes wurde 2023 auch deshalb Mitglied der Pflegeethik-Initiative, weil sie sich als Apothekerin schwerpunktmäßig mit den Gefahren, Neben- und Wechselwirkungen der Medikamente beschäftigt, mit denen Ärzte allzuschnell jedes der zahlreichen Symptome bei alten Menschen ruhig zu stellen versuchen.
Anschließend schilderte Dr. Uta Beermann von ihren Erfahrungen als Ärztin, Krankenschwester und Mutter. Dr. Beermann wurde 2020 Mitglied im Verein, weil sie die Corona-Verordnungen, insbesondere mit Blick auf die Entmündigung der Patienten im Krankenhaus und der verschärften Lebenssituation von Heimbewohnern unmenschlich und gefährlich fand. Sie betonte in ihrem Bericht über ihre Arbeit als Neurochirurgin, dass sie sich bei ihren Operationen am Gehirn im Glauben geführt und gelenkt fühlte. Ein besonders Anliegen ist ihr die Palliativversorgung. Diese sollte jedem Sterbenden zustehen, auch den alten Menschen in den Heimen. Sehr offen sprach sie über die sich verändernden Bedürfnisse während der Sterbephase ihrer damals 12jährigen Tochter.
Die nächste Gesprächsteilnehmerin war Andrea Otten. Frau Otten beschäftigt sich seit einer besonderen Erfahrung nach dem Tod ihrer Oma, mit Fragen zum Thema. Sie ist Heilpraktikerin, Hospizbegleiterin und hat als Alltagsbegleiterin fünf Jahre im Betreuungsdienst eines Pflegeheimes gearbeitet, bevor sie 2024 Mitarbeiterin der Pflegeethik-Initiative wurde und die Leitung des neu gestarteten HelferNetz-daheim übernahm. Sie ging auf Fragen zu Schlüsselerlebnissen mit Bewohnern im Pflegeheim und zur Hospizbegleitung ein. Außerdem wagten wir einen Blick in die jenseitige Welt, auf die andere Seite des Tunnels, wie er von Menschen mit Nahtoderlebnissen beschrieben wird.
Als letzte Gesprächsteilnehmerin antwortete die 2. Vorsitzende des Vereins, Dr. Fee Friese, auf Fragen zum Umgang mit ihrer Krebsdiagnose, die sie 1999 erhielt und die ihrem Leben eine Wende brachte. Zunächst habe sie sich operieren lassen und einer Chemotherapie unterzogen. Später habe sie jedoch auf die Alarmzeichen des Körpers gehört, die weitere Medikamenteneinnahme beendet und sich mit ganzheitlichen Behandlungserfahrungen befasst. Sie gab ihre Stelle als Professorin auf und begab sich auf eine mentale Studienreise, um traditionelle Heilverfahren anderer Kulturen kennen zu lernen. Sehr interessant ihre Antworten auf die Fragen zu den Auswirkungen von Angst vor schwerer Erkrankung oder Tod, sowie zu den Gründen der gestörten Sterbekultur. Dr. Friese stellte das mechanistische Körperverständnis heraus, das dazu führe, den Menschen als Maschine zu verstehen und medizinisch so zu behandeln. Besonders deutlich werde dies in der Transplantationsmedizin, die am liebsten jeden sterbenden Menschen als Ersatzteillager nutzen würde.
Im Anschluss an diese Runde wurde den Tagungsteilnehmern Gelegenheit gegeben, Fragen zu stellen und eigene Erfahrungen einzubringen. Hier wurde das Thema Organspende nochmals aufgegriffen. Zudem wurde Frau Dr. Friese auf ihre Ausführungen zur „Lebensnotwendigkeit Vertrauen zu können“, angesprochen, wobei sie deutlich machte, das dies nicht zu verwechseln ist mit blindem Vertrauen gegenüber ärztlichen und anderen Experten.
Nahegehend war die Schilderung einer Teilnehmerin, die ganz viel für ihre Mutter getan hatte, einschließlich eines Umzugs aus dem 300 Kilometer entfernten Wohnort, in ihre Nähe. Nachdem sie einen guten Pflegeplatz für sie gefunden hatte, so dass alle hätten aufatmen können, verstarb die Mutter, kurz nach einem sehr aufwühlenden und unnötigen Krankenhausaufenthalt. Die Tochter war nur kurz weg, um etwas zu besorgen, kommt wieder und findet sie tot vor. Nun fragt sie sich, ob sie etwas falsch gemacht hat. Hier ist es Dr. Beermann, die sie beruhigen kann. Wie kaum sonst jemand, weiß sie als Chirurgin, wie es sich anfühlt, wenn ein Patient stirbt, obwohl seine Operation gelungen ist. Unweigerlich treten dann Frage auf, ob oder was übersehen wurde. Menschen sterben nicht nur an organischen Ursachen. Seele und Geist sind daran beteiligt. Wir wissen nicht, was sich da für uns unsichtbar abspielt.
Wie im Fluge gingen die zweieinhalb Stunden vorbei. Eine schwierige Thematik, der die meisten Menschen ausweichen. „Ich lebe noch und will mich nicht mit Gedanken ans Sterben belasten.“, so eine vielgehörte Reaktion auf unsere Einladung. So waren es vor allem Mitglieder der Pflegeethik-Initiative und des HelferNetz-daheim, die sich auf den Weg gemacht haben. Für die Helfenden war es zudem ein Fortbildungsthema. Denn wer Menschen auf ihrer letzten Lebensstrecke begleitet, sollte sich auf deren Fragen und Bedürfnisse einstellen können. Fast alle zeigten sich anschließend tief beeindruckt und äußerten den Wunsch nach weiteren Angeboten dieser Art. Eine Gesellschaft, die dem Sterben einen Platz im Leben geben will, muss sich den Fragen am Ende des Lebens stellen und dies in einer Weise, die keine Angst erzeugt, sondern die Zuversicht nährt, dass das Ende dieses Erdenlebens nicht das Ende unserer Existenz ist.
Abschließend zitierte Adelheid von Stösser, Vorsitzende der Pflegeethik-Initiative und Moderatorin der Veranstaltung, aus der Rede eines amerikanischen Pastors:
„ Ich habe am Bett von vielleicht tausenden von Menschen gestanden, als sie ihren letzten Atemzug genommen haben. Was Menschen in ihren letzten Momenten sagen ist ziemlich wichtig. Sie sind ziemlich offen, wenn sie ihre letzten Worte äußern.
Niemand hat jemals gesagt, Pastor Rick: Bring mir meine Trophäen, ich möchte sie mir noch einmal ansehen. Wenn Menschen im Sterben liegen und wissen, dass ihnen nur noch wenig Zeit bleibt, geht es ihnen nicht um Dinge wie Trophäen und Erfolge.
Was ihnen wichtig ist, sind die Menschen, die sie lieben.
Irgendwann finden wir alle heraus, dass es nur um Liebe geht. Es dreht sich alles um Beziehungen. Ich hoffe nur, dass du es viel früher begreifst.“

Nachtrag:
Wir sprachen auch über dass, was nach dem Tod kommen könnte. Sterben ist nicht das Ende unserer Existenz. Unsere Seele, dass was jeden von uns als Menschen ausmacht, löst sich mit dem Tod aus der Anbindung an den materiellen Körper. Davon zeugen die weltweit aufgezeichneten Nahtoderfahrungen. Elisabeth Kübler-Ross ist eine der bekanntesten Sterbeforscherinnen. Was sie herausfand kann uns allen helfen: Hören sie selbst: Der Raum zwischen den Welten – Kübler-Ross’ erschütternde Erkenntnis – YouTube
