Zuwendungsorientierte Pflege

Seit Einführung der Pflegeversicherung hat sich ein, auf die körperliche Grundversorgung ausgerichtetes Pflegeverständnis etabliert. Denn der Grad der Pflegebedürftigkeit wird alleine am zeitlichen Hilfebedarf für die körperliche Grundversorgung gemessen. Weder die Kassen, noch die Wohlfahrtsverbände, noch private oder kommunale Leistungsanbieter haben einen Zeitkorridor für Zuwendung eingeplant. Nur wenige Idealisten unter den Klinik- und Heimleitern kämpfen für einen höheren Stellenschlüssel. Mehrheitlich ist man sogar bestrebt den bestehenden nach unten zu korrigieren.

Im häuslichen Bereich spricht man von der Sachleistung Pflege, so als ginge es darum einen Sachgegenstand zu pflegen. Aus den Patienten sind Kunden geworden, die Einzelmaßnahmen buchen können.  Betreuungsleistungen, welche über die reine körperliche Grundversorgung und Behandlungspflege hinausgehen, können nicht mit den Kassen abgerechnet werden. Benötigt eine Pflegekraft länger als die vorgesehenen Minuten pro Verrichtung,  weil sie den hilfebedürftigen Menschen eben nicht im Schnellverfahren abfertigen kann, gerät sie unter Druck.

Dieses, auf den Körper bezogene Versorgungs- /Behandlungsdenken unseres Gesundheitssystems, hat Strukturen und Haltungen hervorgebracht, die den seelisch-geistigen Bedürfnissen nicht gerecht werden können.  Das System und alle die hier eingebunden sind, kranken an einer falschen Prioritätensetzung.

Wir wollen an das Wesentliche des Menschseins und des Lebens erinnern. Daran, dass der Mensch in erster Linie ein soziales Wesen ist. Entscheidend für sein Wohlbefinden sind die Verbindungen zu anderen Menschen. Wer sich nicht verbunden, nicht dazu gehörend, gebraucht, verstanden und geliebt fühlt,  zieht sich unweigerlich zurück. Vor allem zu beobachten bei alten Menschen – wenn wichtige Verbindungen wegbrechen – oder keine Aufgabe mehr da ist, die dem Leben Sinn und Wert gibt.

Im Grund sind es doch die Verbindungen mit den Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben.

(W.v.Humboldt)